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Asen und Wanen







In den schriftlichen Überlieferungen zur Mythologie der germanischen Völker ist von zwei Göttergeschlechtern die Rede, den (jüngeren) Asen und den (älteren) Wanen. Zu den Asen gehören Wotan, Donar und Heimdall, zu den Wanen gehören Freyja, Frey und Nerthus. Außerdem gibt es ein noch älteres Geschlecht, die Riesen, die die Energie der ungezähmten Naturkräfte verkörpern. Diese werden den Göttergeschlechtern und den Menschen gegenüber als feindlich gesinnt beschrieben, obwohl es auch hier und da zu einer Art Waffenstillstand zwischen den Mächten gekommen ist.
Aber zurück zu den Asen und den Wanen. Die Wanen sind eher von wilder, ekstatischer Art, ganz im Gegensatz zu den Asen. Bei den Wanen finden wir Wesenheiten, die mit Fruchtbarkeit und Zeugung im ursprünglichsten Sinn, nämlich der Sexualkraft zu tun haben, unter den Asen sind Wesenheiten, die eher mit Kriegsführung/-taktik aber auch mit den "geitigen Künsten" zu tun haben. Sie wirken eher wie Angehörige eines vor-urbanisierten Volkes, wohingegen die Wanen mehr Züge eines "Naturvolkes" haben.
In der Beziehung zwischen Asen und Wanen spiegelt sich auch ein vorgeschichtliches Ereigniss, denn in der Edda wird von einem Krieg zwischen beiden Göttergeschlechtern berichtet, der damit endet, dass beide Seiten Angehörige als Geiseln austauschen, um den Frieden dauerhaft zu sichern. So gelangten die Wanen Freyja, Frey und Njörd zu den Asen. Die restlichen Wanen gerieten danach in Vergessenheit (das typische Schicksal der Besiegten, denn die Geschichte wird nur von den Siegern geschrieben).
Es wird also von einer Auseinandersetzung zwischen zwei Gruppen berichtet, von denen die eine die Wanen und die andere die Asen in den Mittelpunkt ihrer kultischen Verehrung gestellt hatte. Es ist durchaus möglich, dass sowohl Asen als auch Wanen ursprünglich vergöttlichte Ahnen verschiedener Volksgruppen waren, bevor sie dann als Gottheiten verehrt wurden. Aber wann sollen diese Volksgruppen gelebt haben und vor allem, wann war dieser Krieg, von dem die erst im 13. Jh schriftlich festgehaltenen mündlichen Überlieferungen berichten ?. Eine Stelle aus der Edda sticht hier besonders hervor, denn sie bezieht sich auf den Ausbruch dieses Krieges zwischen Asen und Wanen.
"Da kam zuerst Krieg in die Welt,
als Götter Gullweig mit Geren stießen
und in Herrvaters Halle brannten.
Dreimal brannten, die dreimal Geborene.

Man hieß sie Heid, wo ins Haus sie kam.
Das weise Weib, sie wusste Künste,
verhexte Weise, verhexte Toren,
immer ehrten sie arge Frauen."

Heid leitet sich möglicherweise ab vom altnordischen "heitar" (klar/hell) oder vom germanischen "haiti" (hell), was sich demnach auf den Glanz der Bronze bezieht und natürlich weckt die Bronze in den Menschen der damaligen Zeit Begehrlichkeiten, das Metall zieht sie in ihren Bann, verhext sie, ist in Form von Bronzewaffen oder Bronzeschmuck auch Statussymbol. (Dann hat mir vor Kurzem noch jemand per Email erzählt, dass das Wort heit selber im isl. auch einfach nur so etwas wie "Spitzname" bedeutet, allerdings habe ich dies nicht überprüfen können).
Gullweig heißt die "Goldglänzende", beschreibt also auch die Bronze (und nicht das Gold, wie viele vermuten). Bronze wird hergestellt, in dem Zinn und Kupfer in einem bestimmten Verhältnis miteinander gemischt werden. Sowohl Zinn als auch Kupfer müssen zuvor selber in einem Schmelz- und Gussverfahren aus Erz gewonnen werden (es wird also zweimal "gebrannt"). Dann mischt man Kupfer und Zinn, schmilzt und gießt ein drittes Mal (dreimal "gebrannt" und dreimal "geboren"). Schaut man sich die obigen Bilder an, die das Bronzegussverfahren darstellen, erkennt man, dass die Schmelze von Kupfer und Zinn (auf dem Bild links) in einer Bodenesse vorgenommen wird und der Schmelztiegel mit langen Stangen aus der Esse gehoben wird. Für einen Außenstehenden sieht es so aus, als würden Männer mit Geren zustoßen. Diese Männer verfügen ohne Zweifel über magische Fähigkeiten, denn sie allein wissen, wie man das verführerische (verhexende) goldglänzende Metall, die Bronze, herstellt, welches alle Menschen zu der Zeit begehren, demnach müssen sie also Götter sein. Es scheint so, als sei der ursprüngliche Verfasser der oberen Zeilen ein Außenstehender gewesen, der erstmalig anderen Menschen (den eingewanderten "Asen") beim Bronzeguss zusah und hier haben wir auch schon einen recht guten Hinweis auf den Zeitpunkt, an dem "zuerst Krieg in die Welt" kam, nämlich am Übergang der (Kupfer-)Steinzeit zur Bronzezeit, bei den germanischen Völkern also so ca. 1800 v.Chr.
Die Asen beherrschten offenbar den Bronzeguss und brachten ihn zu den Völkern, die hoch im Norden ansässig waren mit. Die ältesten Bronzegegenstände wurden übrigens im Zweistromland (Mesopotamien) und Ägypten gefunden und auf ca. 3000 v.Chr. datiert. Es ist also zu vermuten, dass der Ursprung der Asen irgendwo im "nahen Osten" zu finden ist.



© Varuna Holzapfel 2010.